Neben den derzeitigen Einsatzfahrzeugen beherbergt das Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Schnaittenbach auch einen kleinen historischen Fuhrpark. Neben einer Handdruckspritze aus dem Jahr 1926 und einer Motorspritze der Fa. Paul-Ludwig aus dem Jahr 1932, die seit Fertigstellung des Gerätehauses im Schneckengäßchen im Jahr 1992 den Treppenaufgang in ein historisches Ambiente tauchen, besitzt die Feuerwehr auch eine alte Anhängeleiter, die ebenfalls seit 1992 den Vorplatz des Gerätehauses schmückt und zu einem beherrschenden Bestandteil der Ansicht des städtischen Gebäudes und zu einem Wahrzeichen für die Schnaittenbacher Feuerwehr geworden ist.

Einer der wenigen Zeitzeugen, die sich noch an die Anschaffung der Anhängeleiter erinnern können, ist Hans Pröls, jetzt Ehrenkommandant der Feuerwehr. Demnach wurde die Leiter im Jahr 1927 von der damaligen Marktgemeinde Schnaittenbach, vertreten durch den 1. Bürgermeister Johann Reiß, auf Anregung der örtlichen Feuerwehrführung, bestehend aus Kommandant Hans Pröls sen., Vorsitzendem Liborius Gräßmann und den Vorstandsmitgliedern Georg Schorner und Georg Weigert, von der Gewehrfabrik Amberg angekauft. An der Leiter befand sich bis zu ersten Renovierung im Jahr 1991 ein Typenschild der „Justus Christian Braun Feuerlösch-Gerätefabrik“ aus Nürnberg. Recherchen im Internet haben ergeben, dass aus dieser Feuerlösch-Gerätefabrik die Faun GmbH entstanden ist, ein mittlerweile weltweit agierender Konzern, der sich auf die Herstellung von Kränen und schweren Spezialfahrzeugen konzentriert hat. Leider haben weder Anfragen an die Faun GmbH noch eine Einsicht in das Protokollbuch der Feuerwehr und in die Unterlagen des Staatsarchivs Amberg weitere Details über die alte Anhängeleiter preisgegeben. Anders als bei den beiden alten Pumpen, zu denen sowohl die Original-Rechnungen als auch umfangreicher Schriftverkehr im Staatsarchiv Amberg vorhanden sind, gibt es für die alte Leiter keinerlei historische Dokumente. Laut Hans Pröls war die Leiter bis zum zweiten Weltkrieg in Schnaittenbach im Einsatz und wurde dann, weil nicht mehr funktionstüchtig, im alten Gerätehaus „Auf der Loh“ untergestellt. Als im Vorfeld zum 100jährigen Gründungsjubiläum das Gerätehaus umgebaut und renoviert wurde, war auch hier kein Platz mehr und die Leiter wurde ca. 1968 an das damals in Schnaittenbach ansässige Bauunternehmen Eckstein verkauft. Irgendwann in den siebziger Jahren wurde die Leiter dann in der Ruine der alten Kaolinschlämme bei der Wilpa, mittlerweile längst im Ostfeld 2 der Kaolinwerke aufgegangen, untergestellt, wo sie im Laufe der Jahre in Vergessenheit geriet und in einen jämmerlichen Zustand verfiel. Auf Initiative des damaligen Kommandanten Bernhard Büller wurde die Leiter dann während des Neubaus des Gerätehauses im Schneckengäßchen wieder von der Feuerwehr übernommen, in unzähligen Arbeitsstunden restauriert und in Stand gesetzt und schließlich 1992 auf dem Vorplatz des Gerätehauses aufgestellt.

Weil der Zahn der Zeit und insbesondere Regen, Schnee und Eis doch arg an dem guten alten Stück genagt haben und eine Reparatur unumgänglich geworden ist, wurde die Leiter im Jahr 2007 von einem Team unter der Leitung des damaligen 2. Vorsitzenden Gerhard Kindzorra renoviert. Nach und nach wurden alle nicht mehr verwendbaren Holzteile nachgebaut und ausgetauscht. Ein Meilenstein war dabei die Fertigstellung der nach herkömmlicher Art und Weise aus Holz hergestellten Räder. Bei allen Fragen rund um die zu verwendenden Hölzer, aber insbesondere bei der Erneuerung der Räder war Georg Häusler, besser bekannt unter seinem in Schnaittenbach gebräuchlichen Hausnamen „Häuslwonger“, eine unersetzliche Hilfe. Ausgestattet mit umfangreichem Wissen zu allen Arten von Hölzern und deren besonderen Eigenschaften war Georg Häusler in seiner Schreinereiwerkstatt immer dann zur Stelle, wenn es darum ging, die entsprechenden Hölzer auszusuchen und spezielle Teile nachzubauen. Georg Häusler, seit 1952 Mitglied der Feuerwehr und Gründungsmitglied des Seniorenstammtisches der Feuerwehr, dürfte wohl einer der wenigen Vertreter seiner Zunft in weitem Umkreis gewesen sein, der das Wagnerhandwerk noch erlernt und diese alte Handwerkskunst noch beherrscht hat. Bei der Anfertigung der Räder wurden zum Teil auch alte Hilfsmittel verwendet, so sei das Werkzeug zum Aufriss der Naben mehr als 100 Jahre alt gewesen. Nabe und Speichen wurden aus Eiche gefertigt, für die Felgen sei Ulme verwendet worden, weil dieses Holz nicht so leicht springe, so der Fachmann. Weitere wertvolle Unterstützung bei ihrem Vorhaben fand die Feuerwehr auch bei Georg Hirsch, Seblasmühle, und der Fa. Kerb-Konus, wo das Holz zum Ausbessern verschiedener Leiterteile sowie Eisenteile zur Verfügung gestellt wurden. Die eisernen Reifen, die sog. „Roif“, wurden von der Schlosserei der Fa. AKW-Kick angefertigt und aufgezogen.

Im Winterhalbjahr 2007/2008 wurde die Leiter wieder zusammengebaut und wetterfest gemacht und schließlich zum Maifest 2008 wieder auf ihrem angestammten Platz vor dem Gerätehaus aufgestellt. Seitdem wird die alte Anhängeleiter im Herbst abgebaut, im Stadel von Liborius Gräßmann eingewintert und im Frühjahr wieder aufgestellt.

Uli Reindl